Die Anreise aus Deutschland dauerte fünf Tage.
Unter anderem auch deshalb, weil ich mich – kaum zu glauben – im Abflugsdatum meiner Maschine nach Buenos Aires geirrt hatte und deshalb einen unfreiwilligen Aufenthalt in Frankfurt einschieben musste.
In Buenos Aires ging ich stracks zum Instituto Geographico Militar, um mir das nötige Kartenmaterial zu besorgen. Dann ab mit dem Taxi zum Busbahnhof für die grossen Distanzen.
Die ersten dreitausend Kilometer brachte ich in einem komfortablen Reisebus hinter mich, von Rio Gallegos nach Rio Grande war es nur noch ein ordinärer Überlandbus, und für die Fahrt nach Ushuaia auf der Schotterpiste wurde ein staubiges klapperndes Vehikel verwendet, dass sich unter Ächzen und Dröhnen zum Paso Garibaldi hochschraubte.
Ushuaia war mir zwei Tage wert, dann hatte ich alle noch benötigten Dinge zusammen. Der Marsch begann.
Ich nahm ein Taxi und liess mich zum Eingang des Parque National Tierra del Fuego fahren. Ich wollte den Stempel für den Eintritt auf die Stirn haben, und die Mädchen am Schalter lachten – kein schlechter Abschied von der Menschheit. Denn die nächsten sechs Tage war ich alleine.
Ich steuerte auf verschiedenen Pfaden auf den Rio Pipo zu. Dass der Weg entlang dieses Flusses an den Lago Kami schon seit einigen Jahren gesperrt ist, war mir bewusst. Doch ich suchte nunmal die Abgeschiedenheit, zudem hätte ich für die anderen Wanderwege zunächst mal einen Tag auf der Ruta 3 wandern müssen, und das wollte ich nicht.
Das Schild mit dem Gebot „No Trespassing!“ liess ich also hinter mir und war allein mit dem Fluss und dem Wald und den links und rechts steil aufragenden Bergen. Dort oben schien es zu schneien. Gut, ich hatte ja die nötige Ausrüstung dabei.
Da der alte Wanderweg schon nach kurzer Zeit nicht mehr auszumachen war, suchte ich mir meinen eigenen Weg durch’s Unterholz. Hier und da folgte ich auch einem Pfad der Wildpferde.
Bei einem Erdrutsch war dann plötzlich Schluss, und ich musste ans andere Ufer. Völlig grün suchte ich mir die wahrscheinlich tiefste Stelle aus und wurde prompt nass bis zur Hüfte. Karte, Zigaretten, Unterhose, alles troff vor Wasser. Ich ging in den nassen Hosen noch eine Stunde weiter, dann war auch schon Abend und ich suchte mir einen Lagerplatz nahe des Ufers. Ein bisschen sehr nahe, doch im Unterholz gab es keine Möglichkeit für mein Zelt.