Am nächsten Morgen war von den Bergen ringsum nichts mehr zu sehen.
Es hatte fast bis zu meinem Zelt hinunter geschneit, und die Wolken hingen tief über den Hängen.
Ich füllte mir noch heissen Tee in die Thermoskanne, dann begann ich, mich den verschneiten Pass hinaufzuarbeiten. Ich brauchte fast zwei Stunden, bis ich oben war; der Schnee war knietief und überall versperrten mir kleine, dichtwachsende Büsche den Weg.
Oben angekommen, warf ich einen Blick zurück auf das Tal, durch das ich gekommen war – doch auch dort unten hüllte der Nebel alles ein.
Nun musste ich etliche Kilometer auf einer weiten, verschneiten Ebene zurücklegen, an deren Seiten die Berge steil aufragten.
Dann machte die Ebene eine Wendung von Osten nach Norden, und nach einigen weiteren Kilometern sah ich den Lago Alto vor mir. Völlog karg und trostlos lag er zwischen den Bergen.
Doch ich fühlte mich gut und begann mit der Umrundung des Sees. Im Schneetreiben, den Rücken an die windabgewandte Seite eines kleinen Felsens gelehnt, machte ich Mittagspause und ass Kekse.
Ich erreichte das Südufer des Sees und folgte dem Fluss, der hinunter ins Tal in Richtung des Lago Kami floss.
Auf einmal stand ich an einer steil abfallenden Felswand. Rechts von mir schoss der Fluss in einem riesigen Wasserfall zu Tale. Ich befestigte meinen Rucksack an der Schlaufe meines Trekkingstockes und liess ihn so auf einen Absatz einige Meter weiter unten hinab, anschliessend kletterte ich hinterher. Ich schaffte es in einem Stück nach unten und campierte einige Kilometer weiter Flussabwärts. Keinen Meter zu früh, wie ich am nächsten Morgen feststellte.
Denn der Fluss wand sich nun durch eine enge Schlucht, in der die Felsen links und rechts steil aufragten. Keine Chance, da durchzukommen; ich musste weiter nach oben und mir dort einen Weg suchen.
Der Himmel war bewölkt und grau, in der Nacht zuvor war wieder Schnee gefallen. Das Herumklettern in der steilen Böschung erwies sich als schwierig, da ich in dem nassen Schnee dauernd ausrutschte. Jeder Busch, den ich streifte, regnete seine Nasse Last auf mich herab.
Weiter oben konnte ich meinen Weg dann fortsetzen, doch der Nebel in den Tälern rings umher machte eine Orientierung fast unmöglich.
Plötzlich riss die Nebelwand vor mir, und ich blickte hinab in ein Tal tief unten, durch das der Fluss hindurchschoss – ich sah ihn zwar nicht, doch ich konnte das Rauschen wie von Ferne vernehmen. Doch wie hinabkommen?
Wie sollte ein menschliches Wesen, noch dazu bepackt mit einem schweren Rucksack, diesen steilen, verschneiten, mit Bäumen und Büschen dicht bewachsenen Abhang hinunterkommen?
Bei dem Gedanken wurde mir etwas mulmig zumute. Zum ersten Mal fühlte ich mich von dem, was ich sah, leicht überfordert.
Doch was half es, ich musste nach unten, und so begann ich, mich an allen möglichen Ästen und Felsen festhaltend, mehr rutschend als gehend bergabwärts zu arbeiten.
Bei der ersten Pause merkte ich, dass ich meine Wasserflasche verloren hatte – sie musste an irgendeinem Ast hängengeblieben sein. Nun musste ich das Wasser direkt aus den Flüssen trinken und konnte nichts mehr transportieren. Das ich ja noch eine Thermosflasche hatte, fiel mir nicht ein.