Durch verlassene Berge

Doch die Trockenheit der letzten Monate hatte den Grundwasserspiegel so weit absinken lassen, dass der Eimer wenige Zentimeter über dem Wasser hängen blieb. Zudem sah die Brühe nicht allzu sauber aus, also liess ich es sein, schulterte meinen Rucksack und vertraute aufs Glück – irgendwo würde ich schon Wasser finden.
Früher als erwartet sah ich den zweiten Puesto, in einem breiten, stillen Tal direkt an einem kleinen Bach gebaut. Wie es aussah, wurde dieser Puesto noch hin und wieder von jemandem besucht; Kaffeepulver war da und ein wenig Pasta, ein Wasserhahn mit fliessendem braunen Wasser und vor der Tür genügend Holz für einen halben Winter.
Da ich nicht glaubte, hier von jemandem gestört zu werden, machte ich es mir für den Rest des Tages bequem: ich spaltete Holz mit meiner Machete, was nicht besonders gut funktionierte, aber eine Axt liess sich nirgends auftreiben. Schliesslich ging ich herum und hackte die Holzpfosten der alten Zäune, die überall im Gebüsch herumlagen, zu handlichen kleinen Scheiten, die ausgezeichnet brannten. So machte ich im Ofen ein ordentliches Feuer, auf dem ich mir Mittag- und Abendessen zubereitete und so ausserdem das Benzin meines Kochers rationieren konnte. Ich wickelte mein Allzwecktuch um den Wasserhahn um den braunen Schmodder aus dem Wasser zu filtern und es direkt trinken zu können. Überall um die Hütte gab es Calafatesträucher, und mit einer kleinen Plastiktüte ging ich Beeren pflücken und bereitete mir zum Nachtisch einen Beerenpudding mit dem Pulver, dass ich aus El Calafate mitgebracht hatte.
Dann, satt und ein wenig müde, sass ich am Tisch und studierte wieder die Karten und schaute mir den besten Weg durch die Berge aus. Als es dunkel geworden war nahm ich meinen Schlafsack und ging in das Nebenzimmer, wo zwei roh gezimmerte Betten standen, und in der kühler werdenden Luft der Nacht lag ich da und horchte nach draussen auf die Geräusche in den Bergen.
Tags darauf setzte ich meinen Marsch nach Nordwesten fort, und ausser ein paar verstreuten Guanacos sah ich nichts lebendiges. Wieder wurde das Wasser knapp, denn alle Flussläufe bis auf die grössten waren jetzt im Sommer ausgetrocknet. Irgendwann merkte ich, dass die Puestos, die ich mit Peters Hilfe auf meiner Karte markiert hatte, viel weiter südlich lagen als angenommen, so dass ich, als ich bereits glaubte, die Strasse zum Parkwächter endlich erreicht zu haben, nur vor einem weiteren, tief eingeschnittenen Flusstal stand. Ich hatte mich in meiner Position um einen halben Tagesmarsch vertan. Doch wenn man einfach immer einen Fuss vor den anderen setzt und die Richtung mit seinem Kompass beibehält, kann selbst die fiese Natur nichts machen: irgendwann kommt man an. Der Rio Gunancu kam aus der Kordillere im Westen, floss zunächst schnurgerade nach Osten und bog dann nach Norden, um schliesslich in den Lago Viedma zu münden. Weiter oben an diesem Fluss gab es einige Estancias. Eine davon konnte ich in der Ferne ausmachen, als ich die Strasse am Abend erreichte. Am nächsten Morgen wollte ich dort vorbeischauen, um meine Vorräte aufzufrischen.