Abends kam Gaston von seinem Arztbesuch in Rio Grande zurück (er hatte sich bei der Jinetada, einer Art Rodeo, die Knochen gebrochen). Ich hatte ihm Geld gegeben und ihn beauftragt, Bier zu besorgen. Das Bier war nun da, und das Besäufnis konnte starten, welches keines wurde, da pro Mann knapp ein Liter zur Verfügung stand. Am Morgen verabschiedete ich mich von allen.
Nach Radman, dem Grenzübergang nach Chile, waren es etwas mehr als dreissig Kilometer, die ich bei kühlem, idealem Wanderwetter in einem Stück zurücklegte. Gegen Mittag fing es an, in meinem Bauch zu rumoren. Ich schaffte es gerade noch bis zu einem Gebüsch an der Strasse, dann floss es nur so aus mir heraus. Das erste Mal, dass ich auf einer meiner Reisen Durchfall bekam. Und wie froh war ich, als ich dann später in meinem Erste-Hilfe-Kasten ein paar Kohletabletten fand, die mir meine Schwester noch mitgegeben hatte.
In Radman, grossartig als „Paso International Bella Vista“ ausgezeichnet, wurde mein Pass von zwei ziemlich verpennten Zollbeamten abgefertigt; der eine hatte keine Lust, der andere keinen Plan. Waren sie deshalb hierher versetzt worden? Auf dem Grundstück der Polizei campen durfte ich nicht. Also ab nach Chile. Doch ich guckte ziemlich dumm, als ich feststellen musste, dass es über den Rio Radman, der an diesem Punkt den Grenzverlauf bildet, gar keine Brücke gab. Um also die Grenze passieren zu können, musste ich die Schuhe ausziehen und durch den Fluss waten! Warum es also an diesem Punkt einen Grenzübergang gibt, aber keine Brücke, das ist tiefere südamerikanische Logik, die ich mir auch jetzt noch nicht ganz habe aneignen könnnen. Das Ganze war dann auch ein etwas seltsamer Abschied von einem Land, dessen Landschaft und Menschen mir in den Wochen zuvor ganz gut gelegen hatten.