Am Fluss angekommen entschied ich mich, erst eine Probedurchwatung zu machen, ohne Rucksack, um die Stärke der Strömung und die Tiefe des Flusses kennenzulernen.
Die Strömung war stark, und überall lagen grosse Steine mitten im Wasser, über die man hinwegsteigen musste. Das Wasser reichte bis zur Hüfte, so dass die Sachen nicht nass werden würden. Ich watete zurück zum Rucksack, und weil das Ganze eh schon bekloppt genug war, entschloss ich mich, mit dem Selbstauslöser ein Foto der Szene zu schiessen. Doch die Kamera hatte einen Timer von maximal dreissig Sekunden, so dass ich mich ziemlich beeilen musste, ins Bild zu waten, nachdem ich den Auslöser gedrückt hatte.
Nach ein paar Beinahe-Ausrutschern war ich endlich drüben angekommen und setzte den Rucksack ab. Nun musste ich aber wieder zurück ans andere Ufer, um die Kamera zu holen. Meine Beine waren schon ziemlich taub von der Kälte des Gletscherwassers, als ich auch das schlussendlich erledigt hatte. Ich hatte den Fluss sechsmal durchwatet und erstmal genug davon.
Ich schaute mir das Foto an: da war ein Fluss zu sehen mit Steinen und Bäumen, alles wunderschön, doch von mir selber war weit und breit nichts zu sehen. Ich war zu früh oder zu spät durch das Bild gewatet.
Doch die Erleichterung, diese Herausforderung gepackt zu haben, überwog, und ich machte mich auf zum Eingang des Tales am Ostufer der Laguna Anita, deren Abfluss ich gerade durchquert hatte.
Dort angekommen entdeckte ich etwas, was eigentlich nur von anderen Wanderern hinterlassen worden sein konnte. Denn diese Anhäufung von Zweigen und Steinen im sandigen Flussufer, auf die ich dort hinabblickte, hatte die auffallende Form eines Pfeiles. Und dieser Pfeil zeigte ans andere Flussufer.
Schon wieder ins Wasser? Wenn es irgendwie ging, wollte ich das vermeiden und erkundete erstmal ein wenig die Gegend flussaufwärts. Tatsächlich schien meine Seite die schwierigere zu sein, doch nicht unmachbar. Und ich wollte lieber über ein paar Felsen klettern, als mir nochmals die Füsse nasszumachen.
Das Vorwärtskommen war sehr schwierig, und ich erinnerte mich wieder an jene ersten Tage des Marsches, als ich am Rio Pipo trotz enormer Anstrengung kaum zehn Kilometer pro Tag schaffte. Der schmale Grasstreifen war schon lange durch steil aufragende Felsen abgelöst worden, so dass ich nur noch weniger verstand, was jener geheimnisvolle Pfeil eigentlich zu bedeuten hatte. Ich erinnerte mich, was mir Mariano zu diesem Ort gesagt hatte: „Am Eingang des Tales wird es etwas schwieriger, aber du wirst schon einen Weg finden.“ Mehrere Stunden kämpfte ich mich durch das Dickicht am Fluss, zwischenzeitlich hatte es zu regnen begonnen. An ein oder zwei Wasserfällen musste ich vorbeiklettern, wobei ich mich, an den Spalten und hervorstehenden Felsen festhaltend, hinaufzog. Das Gewicht des Rucksacks, der zudem dazu tendierte, nach hinten wegzukippen, so dass ich das Gleichgewicht verlor, machte die Sache wie immer recht schweisstreibend. Doch ich kam ohne weitere Verzögerungen, wenn auch nur langsam, voran, und so dachte ich mir auch nicht viel dabei, als ich vor mir einen weiteren Wasserfall sah. Rechts ragte die Bergwand senkrecht in die Höhe, links des Wasserfalls, auf der anderen Flusseite, war die Wand nicht ganz so steil und mit Bäumen und Gestrüpp bewachsen.