Ich sank zurück und schloss die Augen. Ich hatte das Szenario schon ein paarmal im Kopfe durchgespielt; ohne so etwas banales wie einen Topf auszukommen war schwieriger und aufwändiger, als man zunächst vermuten mag. So mancher fettarschige Survivalkurs-Teilnehmer mag da mir gegenüber im Vorteil sein, da er weiss, wie man durch eine mit Folie ausgekleidete Grube im Boden oder dergleichen das Kochutensil ersetzen kann. Mir hingegen blieb nur folgendes: ich musste mein treues Konservendosenangelgerät auseinandernehmen, um mir darin wenigstens eine kleine Mahlzeit Kartoffelpüree zubereiten zu können. Zurück zur Estancia Querencia, nur um mir einen Topf auszuleihen, war nicht. Ich hoffte, irgendwo vor mir in den Bergen auf Menschen zu treffen, die mir damit aushelfen konnten. So verabschiedete ich mich innerlich von meinem treuen Topf, der schon in Norwegen dabei gewesen war, kroch in den Schlafsack und wartete auf den Schlaf.
Es galt nun, in diesen ausgetrockneten Bergen nicht nur Wasser, sondern auch einen neuen Topf zu finden, auf der Strasse im Norden zur Hütte der Parkwächter zu gelangen und dort eine Erlaubnis für den Nationalpark zu erbetteln – wenn ich denn ohne weitere Ausrüstung überhaupt durch die Kordillere würde klettern können! Der Gedanke, eventuell die Eisberge und den Gletscher und die ganzen Bergseen und Lagunen nicht zu Gesicht zu bekommen, im Gegensatz zu den schlaffen Touristen, die fünfzig Dollar auf den Tisch legten für einen Bootsausflug zur Estancia Christina, nagte in meinen Eingeweiden. Ich würde alles tun, um es nicht dazu kommen zu lassen.
Am nächsten Morgen war ich schon wieder etwas zuversichtlicher. Ich packte alles zusammen und fing an, den Berg vor mir zur Rechten zu umrunden, das schien mir der einfachere Weg. Bald darauf kam ich an einen verlassenen Korral, und als ich etwas näher kam, sah ich hinter einer Erhebung versteckt das Dach des Puestos, den ich gestern vergeblich gesucht hatte. Ich rüttelte an der ersten Tür – sie war mit einem massiven Eisenschloss gesichert. Die zweite Tür war offen, und ich betrat die kleine, stabil gebaute Hütte. Auf dem Betonboden lagen allerlei Stofffetzen und Zeitungsschnipsel und Glasscherben herum, auf den Tischen alte Kaffedosen, Besteck, ein paar Teller. Enttäuscht ging ich in den Nebenraum, und da: ein Topf! Ziemlich gross zwar, etwa doppelt so gross wie mein alter, doch vielleicht würde ich ihn bei der nächsten Estancia gegen etwas passenderes eintauschen können. Eine fettige, harte Substanz war in dem Topf, und es war tatsächlich Grassa, hier in der Gegend zum frittieren der Brötchen verwendet. Ich schabte alles heraus, setzte den Deckel obendrauf und schnallte meine neue Mampfdose auf den Rucksack. Ich war wieder komplett und unabhängig, alles was ich noch brauchte, war ein wenig Wasser! Ich ging hinaus zu dem Brunnen vor der Hütte und hob den Blechverschlag an. Meter unter mir sah ich das Wasser. Ich nahm den Eimer, der neben dem Brunnen im Grase lag, und liess ihn an dem Seil, das ich ebenfalls fand, in den Brunnenschacht hinab.