Doch obwohl wir nun gut miteinander zurechtkamen, konnte oder wollte mir Peter keine Erlaubnis geben zum Durchmarschieren an den Brazzo Norte. Das einzige, was mir offenbar blieb, war, das Naturreservat weiträumig zu umgehen und weiter im Nordwesten die Station der Parkwächter aufzusuchen. Mir fehlte nämlich eine Sondererlaubnis, den Nationalpark an einer anderen Stelle als an den für die Touristen eingerichteten Zugängen zu betreten. Laut Peter konnte ich eine solche Erlaubnis aber nur in El Calafate, dem Hauptquartier der Parkverwaltung, erhalten. Es war klar, das mich keine zehn Pferde zurück in diese Stadt bringen würden, und so spielte ich bereits mit dem Gedanken, mich klammheimlich durch die Berge zu schmuggeln.
Ich wusste allerdings nicht, ob der Weg durch die Kordillere im Westen der Parkstation zu Fuss so ohne weiteres möglich war. Ich verglich meine sämtlichen Karten miteinander, und auf den Satellitenbildern sah es so aus, als gäbe es zwischen zwei Seen, der Laguna Azul und dem Lago Tannhaeuser, einen weniger hoch gelegenen Pass. Scheinbar die einzige Möglichkeit, in die tiefer gelegene Ebene im Westen und zur Estancia Christina zu gelangen.
Peter zeigte mir auf meiner ungenauen Karte noch den ungefähren Standpunkt von zwei verlassenen Puestos, die jeweils im Abstand von etwa einem Tagesmarsch in den Bergen lagen. Seit das grosse Projekt mit dem Naturreservat im Gange war, gab es hier nämlich keine Viehzucht mehr, und die Berge im Norden waren somit völlig verlassen.
So machte ich mich also auf den Weg nach Norden, zum höchsten Berg der Gegend, an dessen Fusse ich den ersten Puesto finden sollte. Tagelang war das Wetter schön gewesen, doch wie ich nun auf einem alten Weg der Estancia in die Hügel stieg, zogen sich über den Bergen des Eisfeldes dichte Wolken zusammen, und es begann zu regnen. So sah ich also von den Bergen und dem dahinter liegenden Eisfeld – gar nichts. Die Ungewissheit, ob ich überhaupt an den Upsala-Gletscher gelangen könnte, lag mir auch etwas schwer auf dem Gemüt, so dass ich mich nicht allzu sehr antrieb und an jedem Calafatestrauch stehen blieb, um die leckeren Beeren zu pflücken. Gegen Abend erreichte ich eine weite grasbewachsene Ebene, auf der unzählige Guanacos grasten; im Sommer, wenn sich die Niederschläge häuften, versumpfte die gesamte Ebene und machte ein Vorwärtskommen äusserst schwierig, wie mir Peter geschildert hatte. Irgendwo hier, am nördlichen Rand der Ebene, musste der verlassene Puesto sein. Ich sah allerdings nichts ausser einem tiefen ausgetrockneten Flussbett und trockenen Pampasträuchern ringsum. Kurz bevor es dunkel wurde, baute ich mein Zelt in einer etwas tiefer gelegenen Schlammgrube auf, doch die Sträucher ringsum konnten mich kaum vor dem immer stärker werdenden Wind schützen. Da ich zudem kein Wasser gefunden hatte, musste ich mit dem knappen Vorrat auskommen, den ich noch bei mir trug. Doch alles war in Ordnung, bis ich merkte, dass ich meinen Topf im Kofferraum der beiden Frauen aus El Calafate vergessen hatte.