El Chalten war auf Touristen eingestellt. Überall boten „Guias“, Führer mit Ortskenntnis, einen Ausflug auf das Eisfeld an. Der Preis betrug viele hundert Dollar für eine dreitägige Exkursion. Ich war mir nicht im Klaren darüber gewesen, wie schwierig der Aufstieg und wie riskant der Marsch auf dem Schneefeld war, wenn man weder Ortskenntnis noch die entprechende Spezialausrüstung hatte. Auf dem freien Campingplatz am Ende der Ortschaft schwitzte ich meine Erkältung aus und versuchte, mir einen Plan zu überlegen. Xavier war ebenfalls angekommen, gut gelaunt flirtete er mit allem, was zwei Beine und Brüste hatte. Ich fühlte mich zunehmend niedergeschlagen.
In einem Sportgeschäft lief ich einem etwa dreißigjährigen Argentinier über den Weg, der einem kürzlichen Bekannten verblüffend ähnlich sah. Er grinste breit, als ich ihn unvermittelt fragte, ob er einen Bruder namens Mariano hatte. Er war der Besitzer des Ladens und freute sich, von ihm zu hören. Wie nicht wenige der hiesigen Argentinier schien er eine gewisse Antipathie für die ausländischen Besucher zu haben, die er nur schwer verbergen konnte. Diese brachten Geld und ermöglichten somit ein gutes Auskommen in dem krisengebeutelten Land. Doch für die Menschen blieben sie Gringos. Vielleicht kollidierte auch das Auftreten mancher westlicher Touristengruppen mit dem südamerikanischen Stolz. Mein Marsch entlang des Cerro Norte imponierte ihm, und er war mir gegenüber sehr freundlich.

Mein Vorhaben, auf dem Eisfeld zu übernachten, erhielt den Todesstoß, als ich erfuhr, dass die Jahreszeit bereits zu weit fortgeschritten war. Gegen Ende des Frühlings taute der Schnee, und übrig blieb eine wenig anschauliche, graue oder braune Ebene aus Matsch und Geröll. Ich hatte diesem Erlebnis ein halbes Jahr entgegengefiebert, und es war ein harter Schlag. Ich hatte in Feuerland und Patagonien Tage und Wochen für weite Umwege verwendet, und dabei die meisten wirklich interessanten Orte entdeckt. Mein Pech mit dem Eisfeld warf daher ein seltsames Licht auf die Zukunft, auf meinen Weitermarsch. Ich begann bereits in El Chalten, langsam Abschied zu nehmen von Patagonien. Meine eigene Sturheit befahl mir aber, den Aufstieg zum Eis dennoch zu versuchen, alleine. Ich musste dafür bei der Parkverwaltung ein Dokument unterschreiben, in dem sie jede Verantwortung ablehnten im Falle eines Unglücks.