Ich kletterte hinauf, bis es nicht mehr weiterging. Ich schaute mich um: vor mir schoss das Wasser mit hoher Geschwindigkeit über ein paar flache Felsen, um danach mehrere Meter in die Tiefe zu stürzen. Einfach weiter am Ufer hinaufklettern konnte ich nicht, da ein tiefes Becken mir den Weg versperrte, dahinter ragte steil die Felswand auf. Würde ich also durch dieses wild hinabschiessende Wasser waten müssen? Allein der Gedanke verursachte mir Gänsehaut. Das gegenüberliegende Ufer war etwa fünf Meter entfernt, doch dazwischen gab es nichts, woran ich mich hätte festhalten können. Ich setzte den Rucksack ab, zog Jacke und Schuhe aus und machte vorsichtig einen Schritt vorwärts. Das Ganze schien mir einem Roulettespiel zu gleichen, allerdings mit drei Kugeln anstatt einer. Würde ich den Halt verlieren, was mir ziemlich warscheinlich schien, würde ich über die Kante des Felsens gespült werden und mehrere Meter in die Tiefe fallen. Dort unten schoss das Wasser genauso wild dahin, um danach über eine weitere Stufe zu fallen. Das Ganze glich einem Albtraum. Aber ich musste hier durch! Wo sonst führte ein Weg? Das Tal, das ich hinaufgekommen war, fiel zu beiden Seiten fast senkrecht ab. Nur am Anfang, vielleicht zwei Stunden zuvor, hatte ich eine Stelle am anderen Flussufer bemerkt, die über eine steile Böschung hinauf über die Felsen führte. Offenbar hatte ich die richtige Abzweigung verpasst, denn ohne weitere Ausrüstung, zumindest einem starken Bergsteigerseil, diesen steilen Wildbach zu durchqueren, schien mir ein Spiel mit dem Tod. Doch zwei Stunden zurücklatschen? Niemals.
Also musste ich einen Weg finden. Ich hangelte mich an den Felsen vorbei an dem tiefen Wasserbecken, doch dahinter verschwand mein Trekkingstock vollständig in den Fluten, als ich die Tiefe Flusses damit prüfen wollte. Also wieder zurück. Unten am Fluss, wo das Wasser wieder ruhiger floss, war die Felswand so steil, dass ich ohne zu fliegen nicht hinaufkommen würde. Eine Stufe weiter oben rückten die Felsen näher zusammen, doch dort schoss das Wasser mit einer solchen Gewalt dahin und war so tief, dass es mich einfach mitgerissen hätte. Ich versuchte, einen Baumstamm über diese schmale Stelle zu legen, doch der Fels gegenüber war zu glatt, als dass ich den Stamm vor einem Verrutschen irgendwie hätte sichern können. Es war wie verhext! Blieb mir nichts anderes übrig, als wieder hinabzusteigen, um eine geeignete Stelle zu suchen. Warum ich nicht einfach die zwei Stunden zurückmarschierte, mag manchem vielleicht unverständlich erscheinen. Gut möglich, dass ich damals eine Art Tunnelblick bekam: ich musste durch diesen Fluss, ich musste an diesem Wasserfall vorbei, und wenn ich dabei Kopf und Kragen riskierte.