Er zeigte mir auch Fotos von einem Trupp Arbeiter einer Firma, die in der Gegend nach Erdöl gesucht hatte. Mit riesigen Maschinen waren sie durch die Ebene gekommen, und sobald die Maschinen anhielten, versanken sie in dem morastigen Boden. Öl hatten sie glücklicherweise keines gefunden. Die Fotos waren zehn Jahre alt, und er zeigte mir auch Aufnahmen von sich aus jener Zeit. Ich konnte kaum glauben, dass dies derselbe Mann war, dem ich nun gegenübersass. Offenbar hatten ihn die letzten Jahre einiges an Kraft gekostet, so ging er auch immer leicht nach vorne gebeugt. Sein Kumpan war in Porvenir, den ganzen November schon, und wann er zurückkam, war ungewiss. „Noch ein bis zwei Jahre“ sagte er, „dann verkaufe ich die Kühe und lasse mich irgendwo anders nieder. In Los Angeles vielleicht, dort komme ich her.“ Los Angeles, Chile wohlgemerkt, eine kleine Ortschaft ein paar tausend Kilometer weiter nördlich. Er lud mich zum essen ein, wobei mir auffiel, dass er die Fleischstücke im Topf unberührt liess, und die Suppe war ziemlich wässrig. Auf dieser Estancia waren die Dinge knapp geworden. Als ich mich verabschieden wollte, sagte er „Bleib doch noch ein Weilchen“. Wir unterhielten uns noch ein wenig über Deutschland , verglichen die Preise für die verschiedenen Dinge des Lebens hier und dort, während draussen der Wind um die Balken pfiff. Als wir uns dann entgültig verabschiedeten, hatte er feuchte Augen, was mich sehr verwunderte – was für eine Wandlung zum Vortag. Ich wünschte ihm alles Gute und ging zurück zu meinem Zelt.
Mein Fleisch war weg. Ich hatte es in einen Baum gehängt, zum Schutz vor der Sonne. Nun hatte sich irgendwer oder irgendwas damit aus dem Staub gemacht. Die Raubvögel? Die Hunde der Estancia? Ich hatte keine Ahnung, aber verdammt, nun gab es wieder nur Nudeln. Die letzte Hoffnung war das Fischerboot in der Bucht nebenan – dort war vielleicht noch etwas zu bekommen. Ich kletterte über die Klippen, und als mich die Fischer sahen, wurde sofort ein kleines Ruderboot zu Wasser gelassen, und ich musste dann von den Klippen in diesen Boot springen und von dort über die Reling aufs Deck des Kutters klettern. Die Cisnes IV: vielleicht zwölf Meter lang und vier Meter breit und ganz aus Holz gebaut, mit einer Art Mast im vorderen Bereich des Decks und einer kleinen Kabine im hinteren Teil. Diese Kabine war unglaublich: das Häuschen des Steuermanns war keinen Meter breit, und durch eine Tür gelangte man in einen winzigen Raum, vielleicht zwei mal drei Meter gross, der Küche, Essens- und Schlafraum in einem war, und in dem es drei Mann zwei Monate lang aushalten mussten. Diese Fischer waren ziemlich reservierte Typen, und meine Erzählung von dem verschwundenen Fleisch veranlasste sie nur, kurze, vielsagende Seitenblicke auszutauschen. Offenbar glaubten sie mir nicht. Doch es gab ja noch einen anderen Grund, weshalb ich hierher gekommen war: ich hoffte nämlich, einen Tag mit ihnen raus in den Fjord fahren zu können – und als ich sie fragte, ob das möglich sei, waren sie ganz offensichtlich überrascht und sagten sofort zu. „Morgen um sechs“, hiess es, „laufen wir aus.“ Da musste ich aber zeitig aus den Federn.