Das Nordlicht über dem Polarkreis

Am nächsten Tag kletterte die Strasse über die Baumgrenze, es gab nichts mehr außer Schnee, Wind und Sonne. Vorbei an einem kleinen Häuschen, in dem man bei starkem Schneefall ausharren kann, bis das Räumungsfahrzeug die Straße wieder frei gemacht hat. Links und rechts ragten die zwölf bis fünfzehnhundert Meter hohen Berge in den blauen Himmel und gaben mir das Gefühl, auf dem Dach der Welt zu sein, so dass ich die 20 Kilometer bis zum Polarkreis wie in Trance zurücklegte, und dann sah ich, ein wenig versteckt abseits der Strasse, die kleinen Podeste mit dem eisernen Globus, die den Polarkreis markieren. Ich hatte es geschafft!

An dem um diese Jahreszeit völlig verlassenen Polarkreiszentrum stapfte ich vorbei zu dem kleinen Steinpodest, den ich schon von vielen Abbildungen her kannte. Ich beschloss, die Nacht an diesem einzigartigen Ort zu verbringen, obwohl ich gerade 2 Stunden davor losgeradelt war.
Als ich mir mein Abendessen zubereiten wollte, setzte auf einmal mein Benzinkocher aus. Ein mulmiges Gefühl beschlich mich, schliesslich war die nächste Ortschaft über zwanzig Kilometer entfernt. Doch ich sagte mir „ruhig Blut“ und schaffte es, die Benzinzufuhr des Kochers wieder in Ordnung zu bringen.

In der Nacht, bei knackig frischer Kälte, kroch ich aus dem Zelt, schnappte mir noch schnell meine Thermosflasche, und dann stand ich da und betrachtete das seltsam gespenstische Leuchten am nördlichen Horizont und die langen Lichtspuren, die sich über den ganzen Himmel zogen. Ich sah zum ersten Mal das Nordlicht.